Energiespeicher + Lastverschiebung

Energiespeicher sind nichts Neues

Der Holzstoß vor dem Haus, der Öltank im Garten, der Solarspeicher, die alten Gasometer in Wien, Pumpspeicherkraftwerke in den Alpen, alle Arten von Akkus aber auch die Speisekammer sind altbekannte Beispiele.

Speichersee
Bild: Speichersee in Kaprun, rund zehn Prozent der in Österreich derzeit benötigten Netzleistung an Spitzenstrom können von Kaprun abgedeckt werden (Foto J.Fechner)

Mit der Energiewende ändert sich vieles

  • Kohle, Erdöl und Erdgas werden teilweise durch Strom ersetzt. Deshalb steigt der Anteil der elektrischen Energie am gesamten Energieverbrauch von derzeit ca. 20 % deutlich an. Heizungen, Autos und Industrie nutzen vermehrt Strom, die Darstellung Sektorkopplung zeigt die vielen Möglichkeiten. 
  • Strom wird zunehmend aus erneuerbaren Quellen produziert, Angebot und Nachfrage stimmen da oft nicht überein. Demand-Side-Management und Speicherung sind gefragt. 
  • Die Versorgungssicherheit wird im europäischen Strombinnenmarkt auch mit erneuerbaren Energien gewährleistet bleiben.

Tagesaktuell können Sie hier verfolgen, wieviel Erneuerbarer Strom in NÖ gerade produziert und wieviel verbraucht wird: energiebewegung. Die Differenz zur roten Verbrauchslinie ist auszugleichen.

VIDEO: Speicher für die Energiewende, Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin, erläutert anschaulich in 11:45 das Allerwichtigste.

Drei Maßnahmen für eine stabile Energieversorgung

Was kann die starken Schwankungen von Windkraft und Solarenergie und auch Wasserkraft ausgleichen und eine stabile und sichere Energieversorgung sicherstellen?

  1. Steuerung des Verbrauchs, z.B. Lastmanagement, d.h. Geräte dann einschalten, wenn Strom (mehr als) ausreichend im Netz ist
  2. Speicherung und Entnahme aus Speichern (Vielzahl an Technologien, siehe z.B. Speicherinitiative)
  3. wenn das nicht reicht: Ausgleichs- bzw. Regelenergie (Herstellung des Gleichgewichts zwischen Erzeugung und Verbrauch)

Zu unterscheiden sind die Residuallast, Differenz zwischen der benötigten Leistung und der Leistung, die die nicht regelbaren Kraftwerke erbringen und Regelenergie, der Ausgleich von Schwankungen.

Wie viel Speicherkapazität brauchen wir?

Es gibt eine Reihe von Untersuchungen zum zukünftigen Speicherbedarf und zu Prioritäten des Einsatzes (Merit Order: Angebote nach aufsteigenden spezifischen Kosten sortiert). Dazu gibt es bereits unterschiedliche Geschäftsmodelle.

Die Deutschen Roadmap Speicher sieht interessanterweise fast keinen zusätzlichen Bedarf an Stromspeichern, sofern andere, kostengünstigere Flexibilisierungsmaßnahmen greifen:

"auch bei hohen EE-Anteilen an der Stromerzeugung (ca. 90% in Deutschland und über 80% in Europa) kann bei Flexibilisierung von Erzeugung und Nachfrage der notwendige Ausgleich weitgehend ohne zusätzliche Stromspeicher geschafft werden. Dabei ist der Anteil abgeregelter EE-Erzeugung mit ca. 1% gering." www.fvee.de/

Technologien zur Speicherung von Strom und Wärme

Man kann Speichertechnologien unterteilen in

  • Chemische Speicher (Akkumulatoren wie Lithium-Ionen-Batterie oder Redox-Flow-Batterie, Wasserstoff)
  • Thermische Speicher (latente, sensible und thermochemische Wärmespeicher)
  • Elektrische Speicher (Kondensator, supraleitender magnetischer Speicher),
  • Mechanische Speicher (Schwungrad, Pumpspeicherkraftwerk, Druckluftspeicher)

→ Ein guter Technologieüberblick: http://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Textsammlungen/Energie/speichertechnologien.html

Besonders interessant für Gebäude und Betriebe sind folgende ...

speicher

    Tabelle: bmvit, Innovative Energiespeichersysteme in und aus Österreich, S. 9


    Für eine Bewertung und Auswahl zu berücksichtigen ist die gesamten Wertschöpfungskette, von der Ressourcenverfügbarkeit und Produktion über die Anwendung bis hin zum Recycling. Mehr dazu in den u.a Empfehlungen zum Weiterlesen.


    Wirtschaftlichkeit von Speichern bei Gebäuden

    Man kann zwar Strom nicht in Beton, Wasser oder Erde einspeichern, sehr wohl aber Wärme. Steht bei starker Einspeisung von Windenergie und Photovoltaik nur eine geringe Stromnachfrage gegenüber, so kann das Abregeln von der Erzeugungsanlagen vermieden werden, wenn der Strom z.B. für Wärmebereitstellung auf Vorrat gelegt wird („power to heat"). Wenn in Zeiten von Stromüberschuss z.B. Windkraftanlagen sonst abgeschaltet würden, ist „power to heat" eine gute Lösung. Vor allem, wenn die Umwandlung in Wärme mit Wärmepumpen sehr effizient ist (Jahresarbeitszahlen um 5 sind möglich). Es handelt sich dabei um eine Maßnahme im Sinne der oben beschriebenen Flexibilisierung der Energienachfrage.

    Flexibilisierung, Smart Grid und Sektorkopplung

    Energie wird zunehmend dezentral erzeugt und gespeichert, in vielen kleinen Einheiten. Smart Grids sind Energienetze, in denen moderne Informationstechnologien für die Kommunikation zwischen Netzkomponenten, Energieproduzenten, Speichern und Verbrauchern sowie das Energiemanagement sorgen.

    Smart Meter eröffnen grundsätzlich die Möglichkeit, dezentrale Stromerzeugung (z. B. Wind, PV, BHKW) und verbrauchsseitige Lasten (Wärmepumpen, E-Mobile, Elektroheizung, teilweise auch Kühl- und Klimaanlagen, Pumpen) gezielt zu steuern. Durch diese Abstimmung von Angebot und Nachfrage könnte der Ausbau des Stromnetzes geringer gehalten werden.

    Wurden die Sektoren Elektrizität, Wärmeversorgung und Verkehr bisher weitgehend unabhängig voneinander betrachtet, so spricht man heute von Sektorkopplung. Als Verbindungselemente zwischen diesen Sektoren gibt es eine Vielzahl von verfügbaren Techniken: „power-to-X“, gemeint ist Strom aus erneuerbaren Quellen, der im Falle eines zeitlichen Überschusses umgewandelt wird. X steht beispielsweise für ein Gas oder Wärme (→ Übersichtsbild)

    Zukunftssichere Gebäude

    • benötigen wenig Energie (Heizwärmebedarf zumindest unter 25 kWh/m²,a, Primärenergiebedarf unter 100 kWh/m²,a) > Niedrigstenergie-, Passivhaus-, klimaaktiv Standard
    • erzeugen selbst Energie (Photovoltaik, Solarthermie) > Plusenergie-Gebäude
    • können Strom vorrangig dann aus dem Netz beziehen, wenn der Preis niedrig und der Anteil aus erneuerbarer Produktion hoch ist > Flexibilität
    • speichern Energie (als Wärme z.B. via Bauteilaktivierung, Erd-, Wasserspeicher, als Strom via Akkus) > netzdienliche Gebäude.

    Ein Smart Readiness Indikator für Gebäude ist derzeit europaweit in Vorbereitung, mehr ...


    Thermische Bauteilaktivierung

    Vorhandene Speichermassen thermisch zu aktivieren ist eine besonders wirtschaftliche Maßnahme:

    • Der Neubau floriert in Österreich, etwa 50.000 Wohnungen in neuen Wohngebäuden werden derzeit pro Jahr baubewilligt. Damit gewinnen die mit den Neubauten hergestellten Speichermassen eine zusätzliche Bedeutung.
    • Beim derzeitigen Neubauvolumen werden pro Jahr etwa 4 Millionen Quadratmeter Betondecken hergestellt. Würden in den nächsten 10 Jahren 10 Mio m² Betondecken thermisch aktiviert, so könnte damit eine Speicherkapazität genutzt werden, womit die Schwankungen der Stromerzeugung fast zur Gänze ausgeglichen werden könnten.

    TBA

    Neubauten haben den Niedrigstenergie-Standard zu erreichen und sind weitgehend mit erneuerbaren Energien zu betreiben. Für die Wärme sorgen zunehmend Wärmepumpen, aber auch solarthermische Anlagen. Die Windkraft spielt für die Stromerzeugung vor allem im Winter bereits jetzt eine tragende Rolle, ein weiterer Ausbau ist zu erwarten.

    Es macht einen Unterschied, zu welchem Zeitpunkt Strom für Wärme/Kälte bezogen wird. Gebäude, die Strom dann beziehen können, wenn die Produktion hoch und der Preis niedrig ist werden von günstigeren Tarifen profitieren → Weiter zum Kurs Bauteilaktivierung auf dieser Lernplattform.

    Eine Bewertung für Gebäude

    bei der die Gleichzeitigkeit der verfügbaren Energieressourcen und des Energieverbrauchs ausschlaggebend ist, gibt es im Passivhaus Planungstool PHPP. Der sogenannte PER-Faktor zeigt, wie viel Energie kurzzeitig oder langfristig zwischengespeichert werden muss, wenn die gesamte Primärenergie erneuerbar bereitgestellt werden soll.

    PER

    Quelle: Flussschema der Energieströme

    Industriebetriebe

    mit hohem Energieverbrauch können mit Lastverschiebungen die Stabilität im Netz unterstützen und sollten von den kommenden Tarifmodellen profitieren, derzeit stehen die besonders günstigen Energiepreise für Großabnehmer der breiten Umsetzung aber vielfach entgegen.

    Ein Pilotprojekt der Voest zeigt die Dimensionen: Wasserstoff, der mittels Elektrolyse aus Wasser abgetrennt wird, kann Koks im Hochofenprozess teilweise ersetzen. Würden alle fünf Hochöfen der Voest in Linz und Donawitz auf Wasserstoff umgestellt, bräuchte man dafür allerdings den halben Strombedarf von Österreich. Die Elektrolyse könnte - sollte sie einmal in größerem Ausmaß erfolgen - Strom genau zu den Zeiten beziehen, wenn ein Überschuss aus Sonne und Wind im Netz verfügbar sein wird. (Projektinformationen, Pressespiegel)

    Die österreichische Roadmap Speicher

    liefert die notwendigen technologischen Anforderungen, Technologieoptionen für die Sektorkopplung sowie politische Maßnahmen zu Forschung, Technologie und Innovation:

    1. Saisonaler Ausgleich bei 100 % RES im Gesamtenergiesystem
    2. Optimierung und Flexibilität des Gesamtenergiesystems und der operativen Stabilität der Stromnetze
    3. Optimierung und Flexibilität lokaler Energiesysteme
    4. Elektromobilität

    Der saisonale Ausgleich bei 100 % RES (renewable energy sources) im Gesamtenergiesystem mit mehrwöchiger Speicherung bildet nach Einschätzung der meisten ExpertInnen die größte Herausforderung in der Energiewende. Batterietechnologien spielen hier kaum eine Rolle. Zu diesem Anwendungsbereich wird empfohlen, folgende Technologieoptionen in den Fokus der direkten FTI-Förderung zu stellen: Pumpspeicherkraftwerke, Power-to-Gas (Methanisierung, Elektrolyse), Gas-to-Power, große thermische Wasserspeicher, Latentwärmespeicher (PCM), Thermochemische Wärmespeicher (TCM) und Power-to-Heat.

    https://www.energieforschung.at/projekte/1021/technologie-roadmap-energiespeichersysteme-in-und-aus-oesterreich

    Schlussfolgerung

    Während die österreichische Roadmap den saisonale Ausgleich bei 100 % RES im Gesamtenergiesystem mit mehrwöchiger Speicherung als größte Herausforderung beschreibt, allerdings ohne Aussagen zur Größenordnung des Speicherbedarfes, sieht die Deutsche Roadmap Speicher keinen großen Bedarf an zusätzlichen an Stromspeichern, sofern andere, kostengünstigere Flexibilisierungsmaßnahmen greifen.
    Mit dem Blick auf's Ganze können somit alle Arten von Demand-Side-Management empfohlen werden: Flexibilität durch Lastverschiebung, Einsparung durch Effizienztechnologie und Suffizienzstrategien, vorhandene Speicher als Schwarmspeicher optimiert nutzen, Wärme und Kälte kostengünstig in großen Erdspeichern bevorraten.

    Weiterlesen:

    → Speicherinitiative: www.speicherinitiative.at/wissens-pool/

    → Energiespeicher – Forschung für die Energiewende http://forschung-energiespeicher.info/

    → Thermische Bauteilaktivierung, Planungsleitfaden (pdf 14 MB): https://nachhaltigwirtschaften.at/

    → Solarstromspeicher, die optimale Solarbatterie finden: https://enerkeep.com/DE/de

    → Netzdienliche Wärmepumpen (Smart Grid ready, auch in Österreich): www.waermepumpe.de/sg-ready/

    → Tarifangebot für intelligent gesteuerte Wärmepumpen: www.awattar.com/services/syncer

    → Kommentar: Das Haus mit Speicher am grünen Strom